Drehstahl – kleines Bauteil mit großer Wirkung

Drehstahl, auch Drehmeißel genannt, zählt zu den elementaren Bauteilen an jeder Drehmaschine. Jeder Drehstahl setzt sich dabei aus drei Bestandteilen zusammen, nämlich Schaft, Grundkörper und Schneide. Diese ermöglicht es überhaupt erst, dass Span für Span präzise vom Werkstück abgetragen werden kann.

Herkömmliche Drehmeißel sind in insgesamt 11 verschiedene Versionen erhältlich, allesamt nach DIN genormt. Je nach Ausführung können die Schneidkanten in unterschiedlichen Winkeln ansetzen und die Schneidflächen und Winkel variieren. Jede Variante erfüllt dabei einen anderen Zweck, so ist DIN 4961 beispielsweise einzig fürs Abstechen vorgesehen oder DIN 4953 für das Ausdrehen von Innenflächen.

Im Allgemeinen ist Drehstahl in drei unterschiedlichen Systemen vertreten, entweder durchgängig aus Schnellarbeitsstahl (HSS), mit aufgelöteter Hartmetallschneide oder mit geklemmter Wendeschneidplatte.
Alle drei Varianten bieten dabei ihre Vor- und Nachteile, über welche du mehr in diesem Artikel erfahren wirst!

Drehstahl aus HSS

Diese Ausführung ist im privaten Sektor eine weit verbreitete Möglichkeit. Bei solchen Drehmeißeln besteht meist das gesamte Werkzeug aus Schnellarbeitsstahl. Das bedeutet, dass sowohl Schaft und Grundkörper als auch die Schneide meist direkt aus einem Werkstück gefertigt werden. Alternativ gibt es auch noch günstigen HSS Drehstahl, bei welchem lediglich die Schneide aus HSS besteht und der Rest aus einfachem Stahl.

Doch egal ob komplett aus HSS oder nur partiell, das alles macht sie zum einen etwas günstiger als die Alternativen aus Hartmetall und andererseits lässt sich der Drehstahl so gleichzeitig auch noch leicht nachschleifen.
Sie eignen sich perfekt für die Bearbeitung von weicheren Werkstoffen wie Aluminium, Messing oder Kunststoff, können jedoch auch noch gut für Stahl mit geringem Kohlenstoffgehalt verwendet werden.

Während des Herstellungsprozesses der Drehmeißel werden diese oftmals zusätzlich mit Titannitrid beschichtet. Eine solche Behandlung lässt sich meist recht einfach an der goldenen Färbung der behandelten Stellen erkennen.
Bei Titannitrid handelt es sich um eine chemische Verbindung von Stickstoff und Titan. Daraus entsteht ein neuer metallischer Hartstoff, welcher neben exzellenter Korrosionsbeständigkeit auch eine enorme Härte aufweist. Die so beschichteten Schneiden halten zunächst sehr gut, doch bereits durch das erste Nachschleifen des Schneidkeils wird das Titannitrid leider ebenfalls mit abgetragen.

Für Bastler: Drehstahl lässt sich auch miteinfachen Mitteln selbst herstellen. Dazu benötigst du lediglich die geeigneten Rohlinge, sogenannte Drehlinge. Diese sind in vielen unterschiedlichen Materialien im Werkzeugfachhandel erhältlich.
Einen Drehstahl in Eigenarbeit herzustellen macht nicht nur Spaß und spar eventuell sogar ein paar Euro, man lernt zudem gleichzeitig auch noch sehr viel über Schneidkanten und deren Winkel.

–> Jeder, der es mal probieren möchte, findet hier eine gute Anleitung dazu: https://forum.zerspanungsbude.net/viewtopic.php?f=36&t=17942

Drehstahl Hartmetall

Teilweise werden auch Drehmeißel gefertigt, bei welchen die Scheide aus reinem Hartmetall besteht. Bei dieser Variante bestehen Schaft und Grundkörper aus einem günstigeren Material, während die harten Schneidkanten aufgelötet werden. Der Vorteil dieser Ausführung liegt darin, dass die Schneiden sehr schnitthaltig sind, weswegen der Drehstahl erst nach längerer Benutzung nachgeschliffen werden muss. Dafür gehen mit dem Material auch leider ein paar Nachteile einher.

Zum einen kostet solcher Drehstahl meist mehr aufgrund des hochwertigen Werkstoffes. Zum anderen lässt sich Hartmetall bei Weitem nicht so gut nachschleifen wie HSS, im Prinzip ohne entsprechend abrasive Mittel überhaupt nicht.

Was darüber hinaus manchmal auch noch zum Problem werden kann, ist, dass Hartmetall eben recht spröde ist. So kann es schon mal vorkommen, dass eine Schneide bei falscher Einstellung oder unachtsamen Umgang zerbricht. Dies ist dann meist, vor allem wegen des Anschaffungspreises von Hartmetall Drehstahl, etwas ärgerlich. In solch einem Fall bleibt dann nur noch das Auflöten einer neuen Schneidkante oder die Entsorgung des Werkzeugs übrig.

Drehstahl mit Schneidplatten

Diese Variante ist vor allem in der Industrie weit verbreitet. Dabei bestehen Schaft sowie Grundkörper meist aus einem Stück und sind einheitlich genormt. Darauf wird anschließend eine entsprechende, ebenfalls genormte, Schneidplatte geklemmt. Diese sind in unterschiedlichen Ausführungen erhältlich und vereinfachen die Instandhaltung des Werkzeugs deutlich. Grund dafür ist der Entfall von mühsamen Nachschleifen der Schneidkanten, dies geschieht hier nämlich beinahe von selbst. Dazu muss die Schneidplatte lediglich gewendet und wieder eingespannt werden, wodurch sie sich sozusagen von selbst schleift. Von diesem Verfahren kommt auch der alternative Name für die Schneiden, Wendeschneidplatten.

Schneidplatten gibt es in unterschiedlichen Formen und Materialien, je nach Verwendungszweck. Zu den einfachen Modellen zählen unter anderem solche aus Hartmetall Schneidkeramik, welche besonders temperaturbeständig ist. Darüber hinaus sind noch Schneiden aus Diamant, Cermet sowie Bornitrid erhältlich.

Befestigen lassen sich die Schneidplatten bei solchem Drehstahl auf unterschiedliche Arten je nach Klemmhalter am Grundkörper. Besonders populär ist das sogenannte Spannsystem S. Darüber hinaus gibt es noch drei weitere Systeme, System P, System M sowie System C, was ebenfalls oft anzutreffen ist.

Vorteil dieser Bauweise von Drehstahl ist, dass einerseits nur noch die Wendeplatten ersetzt werden müssen und andererseits lästiges Nachschleifen komplett entfällt.

Fazit

Wer nicht täglich mehrere Stunden an der Drehbank zubringt, ist in der Regel mit Drehstahl aus HSS gut bedient. Natürlich hängt die richtige Wahl des Werkzeugs in erster Linie aber immer noch von dem Werkstoff ab, den man bearbeiten möchte. Je härter dieser ist, desto härter muss selbstverständlich auch das Werkzeug sein. Je weicher der Drehstahl, desto schneller wird er stumpf und muss nachgeschliffen werden.

Drehstahl, bei welchem die Schneiden nur geklemmt werden, ergeben in privaten Bereich eher wenig Sinn, da man ja meist nicht pausenlos nur denselben Spanabtrag wünscht, sondern auch öfters eine andere Form des Meißels benötigt. Diese Systeme können ihre Stärken, schnelles Wechseln der Schneide sowie teils hohe Temperaturbeständigkeit, besser bei industrieller Nutzung ausspielen.

Daher empfehle ich jedem, der nicht berufsmäßig dreht, anfangs einen vernünftigen Satz aus HSS anzuschaffen und gegebenenfalls noch Drehstahl aus Hartmetall zuzukaufen.

Zum Schluss noch ein kleines Video zum Schleifen der Stähle:

Über mich

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Servus, Jörg mein Name, passionierter Bastler, Werkler, Schrauber und natürlich Dreher ;)
Der Blog soll euch genauso viel Freude machen wie mir - und für alle Neulinge einen fundierten Einstieg in die Welt der Drehbänke!

Kontakt

Jörg Eiberger
eMail: mail@drehbank.co

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